Steingut-Produktion in Wilhelmsburg
=============================================================================================================== Wilhelmsburger Steingut in der "Winckhl-Mühle" [aus dem Buch "Vom Steingut zum Porzellan in Nieder-Österreich"] =============================================================================================================== --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1603 - 1603 : Jacob Widner xxxx - xxxx : xxxxx xxxxx 1772 - 1776 : Joseph und Theresia Adl (geb. Lebwohl) --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1776 - 1787 : Christian Friedrich Rainke (Kaufdatum: 12.02.1776, Franziska & Johann Eigner ziehen ein (Heiratsdatum: 18.04.1776)) 1787 - 1804 : Franziska Eigner (geb. Pappl (Pablin)) - Schenkung von Rainke an Franziska Eigner (1. Kind von Rainke ?) 1794 : Karl Augustin Windschügel sucht an und erhält Erlaubnis für Produktion von englischem Steingut in St. Pölten 1795 : Windschügel sucht an und erhält Erlaubnis für Übertragung der Steingut-Fabrik von St. Pölten nach Wilhelmsburg Windschügel errichtet eine 2. Steingut-Fabrik in Wilhelmsburg in der Winckhl-Mühle (Verfüger/Finanzier ist Rainke) Martin Leinwather (*) sucht an um Übertragung des Windschügel-Privilegs an seine Gesellschaft (Hofstelle-Verweis zu NÖ Landesreg.) Windschügel überlässt Leinwather seine Steingut-Fabrik in St. Pölten St. Pölten (1. Fabrik) und Wilhelmsburg (2. Fabrik) nehmen die Steingut-Produktion auf (*) englischer Steingut-Experte des Wedgewood-Verfahrens 1798 : Rainke (Finanzier) sirbt Leinwather macht sich selbständig 1803 : Leinwather hat eigene Steingut-/Fayence-Fabrik am Rathausplatz in St. Pölten 1810 : Mühle samt Stampfwerk am Mühlbach beim Schweighof in Spratzern (Arbeits-Prozess der Winckhl-Mühle?) 1804 - 1814 : Franziska und Johann Eigner Windschügel/Eigner geraten ohne Rainke's finanzielle Unterstützung und wegen Leinwather's Konkurrenz in Schwierigkeiten 1814 - 1826 : Joseph und Theresia Dojak Feuer-Gewehr-Fabrikant in Wilhelmsburg (spätere Schmid-Werke), machte im Zuge der Napoleonischen Kriege große Gewinne Thomas Beer (Mitarbeiter) begann schon vor Dojak mit der Steingut-Fabrikation ("Dojakische Geschirrfabrik Beer um 1805") Produkte der Dojak'schen Steingut-Produktion sind im Technichen Museum in Wien zu sehen 1826 - 1843 : Juliana und Franz Hauschka 1826 : die Gattin des Werk-Führers Franz Hauschka kauft die Winckhl-Mühle von Elisabeth Dojak (Tochter von Joseph u. Theresia Dojak) 1837 : Franz Hauschka übernimmt nach dem Tod seiner Frau die Winckhl-Mühle 1843 - 1851 : Vinzenz und Cäcilia Plank 1851 - 1865 : Ignaz Wahlmüller Er kauft die Winckhl-Mühle ohne das dafür notwendige Kapital 1855 - 1870 : der bekannte Wiener Porträt-Maler Friedrich von Amerling war an der Winckhl-Mühle als Gläubiger angeschrieben 1856 : seine Frau Katharina Wahlmüller wird als Mit-Eigentümerin eingetragen 1858 : der Wilhelmsburger Kaufmann Rudolf Strohmaier leiht Wahlmüller große Geld-Summen (auch Maria Bachl und Anna Ramler leihen Geld) 1865 - 1883 : Rudolf und Aloysia Strohmeier Er stammte aus Znaim und war eine bedeutende Persönlichkeit (er war z.B. auch Bürgermeister von Wilhelmsburg) Auseinandersetzungen mit dem Wilhelmsburger Gewehr-Fabrikanten Gottfried Benz (spätere Schmid-Werke) Ausbau der Steingut-Fabrik Firmen-Name : k.k. priv. Wilhelmsburger Steingut und Porzellan-Fabrik Rudolf Strohmayer 1872 : Verkauf seines Kaufmann-Geschäftes (späteres Kaufhaus "Kreissl") an den Langenloiser Kaufmann Karl Mayr 1873 : Konkurs (Börsenkrach am "Schwarzen Freitag" erschüttert das österreichische Wirtschafts-Leben) 1882 : Tod und Beisetzung am Orts-Friedhof in einem prächtigen Mausoleum 1883 - 1937 : Gebrüder Lichtenstern (Wiener Juden, ursprünglich aus Böhmen-Mähren-Schlesien stammend) 1883 : Heinrich und Leopold Lichtenstern kaufen die Steingut-Fabrik von Aloysia Strohmayer und ihrem Sohn Hermann Strohmayer Nach dem Tod von Leopold Lichtenstern tritt der Bruder Ludwig Lichtenstern in die offene Handels-Gesellschaft ein Firmen-Name : "Firma Gebrüder Lichtenstern" 1885 : Richard Lichtenstern (2.-ältester Sohn von Heinrich Lichtenstern) übernimmt 15-jährig die Steingut-Fabrik in Wilhelmsburg 1890 : Ludwig Lichtenstern scheidet als Gesellschafter aus 1895 : Richard Lichtenstern tritt 25-jährig als Gesellschafter ein Heinrich Lichtenstern stirbt, seine Frau Caroline wird Universal-Erbin, das Werk steht vor dem Konkurs Richard Lichtenstern kämpft erfolgreich um das Überleben des Werkes => Entwicklung zum technisch-maschinellen Groß-Betrieb Bis 1914 gewaltige Investitionen in das Wilhelmsburger Werk 1897 : Josef Dolezal wird in Mährisch-Budwitz geboren 1900 : Oskar Lichtenstern unterstützt seinen Bruder Richard 1906 : Caroline Lichtenstern übergibt das Werk an ihre Söhne Richard und Oskar Lichtenstern 1910 : Übernahme der Steingut-Fabrik "Rudolf Ditmar's Erben" in Znaim Oskar Lichtenstern verlegt seinen Wohnsitz nach Znaim wo er bis zur nationalsozial. Besetzung des Sudentenlandes 1938 bleibt 1912 : Gründung einer Interessens-Gemeinschaft mit der Steingut-Fabrik "Brüder Urbach" in Teplitz-Schönau Die Wilhelmsburger Steingut-Fabrik wurde zur größten Steingutgeschirr-Fabrik in Österreich-Ungarn 1913 : Verkauf der Wilhelmsburger Steingut-Fabrik an die deutsche Porzellan-Fabrik Triptis A.G. (Triptis in Thüringen) 1914 - 1918 : u.a. Produktion von Militaria-Ware (Kaiser-/Kriegs-Teller) 1919 : Auflösung der Triptis A.G. Rückkauf der Steingut-Fabriken Wilhelmsburg/Znaim/Teplitz durch die Lichtensterns (über Bankhaus "Gebrüder Arnold" (Dresden)) Die "Steingut-Union" war die Dach-Gesellschaft der Steingut-Fabriken Wilhelmsburg/Znaim/Teplitz Das Werk Wilhelmsburg erhielt den Firmen-Namen "Wilhelmsburger Steingutfabriks G.m.b.H." Die Werke Znaim und Teplitz wurden in der "Ditmar-Urbach A.G." zusammengefasst Werk Wilhelmsburg : Erzeugung von Gebrauchs-Geschirr Werk Znaim : Erzeugung von Sanitär-Ware Werk Teplitz : Erzeugung von Sanitär-Ware und Zier-Steingut Durch die Zerschlagung der Monarchie Österreich-Ungarn hatte das Wilhelmsburger Unternehmen großen Schaden erlitten 1922 : Werk Wilhelmsburg : Erzeugung von Gebrauchs-Geschirr und Sanitär-Ware (Klosetts) Wirschaftlicher Aufschwung durch Groß-Aufträge wegen Wohnbau-Programm der Städte Wien und Graz 1924 : Streiks bedrohen den Fortbestand des Steingut-Fabrik 1925 : Firmen-Name : "Wilhelmsburger Steingutfabrik Lichtenstern & Co" Richard Lichtenstern ist "Seniorchef" Oskar Lichtenstern ist Direktor des Znaimer Betriebes Georg Fischmann ist Direktor des Teplitzer Betriebes Paul Moscari ist kaufmännischer Leiter des Konzerns (Neffe von Richard und Oskar Lichtenstern) 1926 : weiterer Ausbau (neues Gebäude 90m x 18m im Süden, Ofen-Halle) 1927 : Streiks bedrohen den Fortbestand des Steingut-Fabrik 1928 : Erweiterung der Sanitär-Produktion um Erzeugung von Waschtischen Kurt Lichtenstern (später Conrad H. Lester, Sohn von Richard L.), leitet als "stiller Gesellschafter" den Betrieb technisch 1929 : weiterer Ausbau (4-stöckiges Magazin-Gebäude) 1930 : das Warm- und Dampf-Bad "Elsabad" wird der Öffentlichkeit übergeben (Andenken von Richard L. an seine verstorbene Frau Elsa) 1931 - 1937 : "Depressions"-Jahre Die "Gechirr-Fabrik" ("Gschirr-Bude") ist der einzige Industrie-Betrieb in NÖ, der fortarbeitete (!) 1932 : Firmen-Name : "Wilhelmsburger Steingutfabrik A.G." Kurt Lichtenstern (später Conrad H. Lester) wird "Technischer Direktor" 1933 : Beginn der Produktion von speziellem Gasthaus- und Hotel-Geschirr 1934 : Beginn der Produktion von (doppel-starkem) Porzellan-Geschirr 13.02.: Feuergefecht zwischen Schutzbündlern und Heimwehrlern vor dem Arbeiterheim (1 Toter) 1935 : Firmen-Name : "Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik A.G." 1937 : Tod von Richard Lichtenstern 1937 - 1945 : Ostmark Keramik A.G. 1938 : Kurt Lichtenstern (jüdicher Abstammung) flieht mit seiner Familie nach Amerika und heißt ab jetzt Conrad H. Lester Im Zuge der Arisierung gelangte die "Wilhelmsburger Steingut- und Porzellanfabrik A.G." in den Konzern der Creditanstalt Firmen-Name : "Ostmark Keramik Aktiengesellschaft" Vereinigung mit der "Steingutindustrie A.G. Gmunden-Engelhof" Eingliederung des Znaimer Betriebes "Ditmar-Urbach A.G." 1943 : Conrad H. Lester wird amerikanischer Staatsbürger 1945 : Stilllegung des Betriebes, weil die Umgebung des Ortes zum Kriegsschauplatz wurde Im Volkssturmaufgebot verloren 10 ältere und Körper-behinderte Arbeiter der Geschirrfabrik auf dem Burgerfeld ihr Leben 1945 - dato : 1945 : Nach dem Waffenstillstand (Mai) ergriffen ca. 15 Belegschaftsmitglieder die Initiative zur Wiederaufnahme des Betriebes 1946 : Firmen-Name : "Österreichische Keramik AG" Tod von Oskar Lichtenstern 1947 : Conrad H. Lester (früher Kurt Lichtenstern) und Paul Moscari werden wieder Besitzer der Steingut-Fabrik (Aktien-Majorität) Wiederaufnahme des Betriebes in Gmunden-Engelhof 1948 : Tod von Paul Moscari Conrad H. Lester kommt seit 1938 das 1. Mal wieder nach Wien/Wilhelmsburg Josef Dolezal (akadem. Kunstkeramiker) arbeitet im Werk Wilhelmsburg (Schöpfer u.a. der Lilien-Porzellan-Serie "Daisy") 1950 : Arbeiter verhindern ein Eindringen von Vertreten der kommunistischen Partei in das Werk 1955 : Conrad H. Lester promoviert in Amerika zum Doktor der Philosophie Unterzeichnung des Staats-Vertrages (die Besatzungsmächte verlassen Österreich) Conrad H. Lester kann nach 17-jähriger Abwesenheit wieder ungehindert in sein Werk nach Wilhelmsburg kommen 1957 : Umfangreiche Erweiterungs- und Modernisierungs-Maßnahmen (bis 1965) Errichtung des Richard-Lichtenstern-Denkmals "Der Töpfer" am 23.08. (Werk von meinem Großvater Josef Dolezal) 1960 : Firmen-Name : "Österreichische Sanitär-Keramik und Porzellan-Industrie AG (ÖSPAG)" 1967 : Tod von Josef Dolezal Übernahme der Fabrik durch den Schweizer Konzern Keramik Holding AG Laufen (Name nach wie vor "ÖSPAG") 1980 : Beginn des wirtschaftlichen Abstiegs (Nicht-Akademiker im Firmen-Vorstand) 1997 : Beendigung der Geschirrproduktion in Wilhelmsburg (Verlegung der Fertigung nach Tschechien) 2000 : Streichung des Firmennamens aus dem österreichischen Firmenbuch 2007 : Eröffnung "Wilhelmsburger Geschirr-Museum" 2015 : Errichtung "Wilhelmsburger Steingut Schaudepot" (über 11.000 Objekte aus der über 200-jähr. Geschirr-Tradition in Wilhelmsburg) --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Bilder von Wilhelmsburg : Seite 84 ("Kirche", 1837), 113 ("Hauptplatz", 1870), 157 ("der Töpfer" von Josef Dolezal, 1957) --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- |